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Heute ließ sich ich endlich der zweite, große Dorn aus meiner Fußsohle entfernen. Ein weiterer Dorn, der ein Loch in meiner Fußsohle hinterließ, war knapp drei Millimeter groß. Diese Dornen sind nicht schlimmes, ohne die Dornen in der Sohle ist das Laufen angenehmer. Beim heutigen Lauf trat ich mir zumindest keine weiteren Dornen in die Füße. Zum Ausgleich sorgte das Gestrüpp im Unterholz für zahlreiche Kratzer; Mini-Dornen, kleiner als einen Millimeter, fanden sich unzählige in der Oberfläche meiner Hornhaut. Diese kleinen Dornen ließen sich meist aus der Haut kratzen. Um sie mit einer Pinzette zu greifen, sind sie zu klein.
Wirklich unangenehm sind die kleinen Hautlappen im weichen Teil der Sohle, die durch Schnitte parallel zur Oberfläche entstehen.
Für heute nahm ich mir vor 50 Minuten zu laufen. Die Strecke war bis zur Pferdekoppel identisch mit der Strecke des Laufes vor zwei Tagen. Ab der Pferdekoppel plante ich einen Abstecher in den Rheinbacher Wald. Abweichend lief ich heute nicht an der Pferdekoppel entlang, sondern über das östlich am Eulenbach liegende Feld. Am Ende des Feldes bog ich nach links auf den Reitweg ab. Zumindest benutzen Reiter mit ihren Pferden gerne diesen Weg.
Der Regen und Schnee des Frühjahrs weichte den Boden stark auf; in den Fahrspuren sammelte sich das Wasser in großen Pfützen, die die Frösche zum Laichen nutzten. Dieser weiche Boden bietet ideale Bedingungen um seine Füße zu spüren.
Der Geschwindigkeit setzen diese Bodenverhältnisse allerdings Grenzen, die ich allerdings selbst auf ebener Strecke nicht erreiche. Mein digitaler Coach war mit meiner Schnelligkeit – oder Langsamkeit – wider Erwarten zufrieden. Dies änderte sich am Ende des Weges. Dort ging es aufgrund umgestürzter Bäume nicht weiter.
Zu diesem Zeitpunkt war es zu früh zurück zu laufen, deshalb wich ich über das Feld aus und nahm den erstbesten Übergang über umgefallenen Bäume und Gräben. Ab Punkt 2 folgte ich laut Google Maps der Weilerallee. Diese Allee gab es möglicherweise zur Zeit der alten Römer; dies ist seit langer Zeit kein Weg mehr. Dies hielt mich nicht davon ab, den „Weg“ zu nehmen. Die nächsten paar Hundert Meter lernte ich: Der Wald weiß sich gegen Nacktaffen zu erwehren.
Im Wald und im Unterholz
Anfangs machte es mir Spaß über Baumstämme zu balancieren und Gräben zu überwinden. Der Wald ändert sich mit jedem Schritt. Zuerst lief ich durch Laubhölzer, dann ging ich durch Nadelhölzer, dann kämpfte ich mich durch Dornengestrüpp. Bei den Dornen nahm der Spaß einen anderen Weg als ich. Er war weg und kam erst später zurück.
Während unter den Laubbäumen ein leichtes Laufen über das lockere Laub möglich war, wurde dies im Nadelwald fast unmöglich. Der Wald war dichter und ich schaute genauer hin, worauf ich trat. Früher hätte ich die Tannenzapfenden als unangenehm empfunden, mit gehöriger Vorsicht meisterte ich diese Strecke. Das Laufen über Tannenzapfen gehört zu jedem guten Barfußpfad, also kein Grund zur Klage.
Das Dornengestrüpp unter den Nadelbäumen war viel dichter als das unter den Laubbäumen. Trotz des unzugänglichen Geländes fand ich ein paar alte Cola- und Bierdosen an einem „Picknickplatz“ aus vergangener Zeit. Ein Stück weiter fand ich eine vergessene Decke in einem sumpfigen Gelände, das nicht zum Picknick einlädt. Die Jahre im Wald setzen einigen Dosen stärker zu als anderen. Stammten sie aus mehreren Picknicks? Gangbare Wege zu diesen einst beliebten Plätzen existieren seit Jahren nicht mehr.
Mit jedem Schritt gen Westen zurück zum Eulenbach wurde das Unterholz dichter und dorniger. Kratzer an den Waden und unter den Fußsohlen waren nicht zu vermeiden. Dornensträucher aller Art wurden zur Regel. An die gemäß Programm vorgesehene Laufgeschwindigkeit war nicht zu erreichen. „Workout angehalten“ und „Workout fortgesetzt“ wechselten sich im Fünf-Sekundentakt ab. (Ein digitaler Coach zeigt eine unheimliche Geduld, jeder menschliche Coach wäre an mir verzweifelt. Wenn Computer cholerisch werden, ist die Menschheit in Gefahr.) Immer wieder suchte ich einen gangbaren Weg. Sind zwei Meter ein Weg? Vernünftig wäre es gewesen umzukehren. Wer ist vernünftig, wenn es das Ziel nah und in Sichtweite ist?
Nach einiger Zeit erreichte ich einen Wildzaun, an dem entlang ich über Stock ohne Stein ganz gut vorwärts kam. Über die kreuz und quer liegenden Äste lief ich unerwartet gut; sprich: Mein digitaler Coach war zufrieden.
Der Weg auf dem Feld nebenan versprach angenehmer zu sein; der Zugang war mir durch Gestrüpp versperrt. An einer weniger dichten Stelle brach ich mir den Weg durch das Gestrüpp. Ein Dornenzweig bescherte mir einen blutigen Riss im empfindlichen Teil des linken Mittelfußes. Glücklicherweise schloss sich die Wunde genauso schnell, wie sie entstand. Das freie Feld ermöglichte mir erstmals wieder mich zu orientieren. Quer über das Feld trabend stieß ich auf den Weg, auf dem ich kam. Meine Füße wusch ich in der nächsten Pfütze und begutachtete die Kratzer. Zum Glück bluteten sie nicht.
Für den Rückweg zog ich meine Luna Sandals aus dem Rucksack und an die Füße. Ob dies barfuß ist oder nicht: Nach den Strapazen verdienten meine Sohlen, nicht weiter malträtiert zu werden. Den Rückweg lief ich beschuht zügig und zur Zufriedenheit meines digitalen Coaches mit den vorgesehenen Geschwindigkeiten. Zum Abwärmen drehte ich ein paar Strafrunden am Regenauffangbecken, um nach 50 Minuten zu Hause zu sein.
Fazit
Mitten durch den Wald zu laufen, ist nicht überall eine gute Idee. Die Strafe folgt nicht auf, sondern unter dem Fuße.
Die nächsten Tage gönne ich meinen Füßen eine Pause.
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