Natürlich. Herr Tsipras hat gezielt darauf hin gearbeitet, wird es weiter tun und ist mit dem Ausgang des Referendums einen Schritt weiter.
Glauben Sie, dass der Hund die Hand beißt, die ihn füttert? Nein. Durch Frechheiten und Beleidigungen wurde versucht, die Verhandlungen auf eine emotionale Ebene zu heben und dann zum Scheitern zu bringen. Dies ist nicht gelungen, weil die andere Seite nicht wie gewünscht reagiert hat. der Schlagabtausch der Beleidigungen hat nicht stattgefunden. Also musste ein anderes Mittel her: Ein Referendum.
Nun ging es in diesem Referendum nicht um die sachliche Frage „Wie kommt die griechische Wirtschaft wieder in Schwung“, sondern darum, ob Griechenland ein stolzes Volk ist. Es ging nicht um einzelne, konkrete Reformschritte. Es ging nicht um die Abwägung der Vorschläge der einen und Gegenvorschläge der anderen Seite. Die Frage, ob die Vorschläge der Gläubiger gut und zielführend sind, wurde zur Frage umgemünzt, ob sich ein stolzes griechisches Volk von den Institutionen in Europa und der Welt Bedingungen für eine Kreditvergabe und Reformen vorschreiben lässt. Es ging nicht um die versprochenen eigenen maßgeschneiderten Reformen des Herren Tsipras und Varoufais gegen die – logischerweise nicht maßgeschneiderten und untauglichen – Vorschläge der Troika. Konnte es nicht, denn eigene maßgeschneiderte Reformvorschläge gab es nicht und wird es auch in den nächsten Tage nicht geben.
Hätte Herr Tsipras die Frage gestellt, ob die Griechen lieber außerhalb der EU und des Euros – und damit ohne Hilfe – versuchen sollen ihre Wirtschaft und ihren Staat wieder zum Laufen zu bringen, hätte er das Referendum verloren. Also hat er das Problem kurzerhand von der Sachebene auf die emotionale Ebene gehoben. Aus einem sachlichen Problem wurde der Kampf des griechischen Volkes gegen die bösen Institutionen in der Welt, die Griechenland den Untergang wünschen. Gebetsmühlenartig wurde versichert, dass ein „Nein“ nicht den befürchteten Ausstieg aus dem Euro und aus Europa bedeutet. Dass die Gläubiger Sicherheiten für ihr Geld haben wollen, hat er zur Erpressung und zur Frage der griechischen Ehre erklärt.
Insgesamt wurde seitens der Herren Tsipras und Varoufakis wenig getan, um einen Kompromiss dem eigenen Volk (und der eigenen Partei) verkaufen zu können. Würden Sie mit Kriminellen und Terroristen verhandeln und das Ergebnis für gut halten? Jeder Kompromiss wäre eine Niederlage gewesen. Keiner, der in eine Verhandlung mit einer Einigung abschließen will und klar bei Verstand ist, verbaut sich alle Möglichkeiten das Ergebnis als Erfolg zu verkaufen.
Es wird nicht all zulange dauern, dann wird er den Griechen erklären, dass Griechenland aus Europa und dem Euro gedrängt werden soll, und dass eine stolzes Volk keinen anderen Weg hat. Er, Tsipras, als Verteidiger des Vaterlandes habe nur den Willen des Volkes umzusetzen versucht.
Dem heutigen Siegestaumel wird ein böses Erwachen folgen – bei den Griechen. Ich werde trotz des Referendums gut schlafen.
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