Baustamm am Wegesrand

Vom Fersengang zum Ballengang?

Vorweg: »Barfußschuhe« sind ein Marketing-Trick. Kein Schuhhersteller möchte, dass ihr barfuß lauft. An bläck Fööss verdient der Hersteller nichts. Was sie euch verkaufen, sind Minimalschuhe. Wobei ein Modell »minimaler« als das andere ist.

In den letzten Tagen habe ich mir wieder ein paar ältere und jüngere Videos über Barfußlaufen und Minimalschuhe angesehen. Vor etwa 10 Jahren begann der Hype mit den »Barfußschuhen« und dem Barfußlaufen. Mein Eindruck damals war,dass jeder Personal Trainer, der einmal 5 Minuten barfuß über eine feuchte Wiese gelaufen war, sich danach Barfuß-Coach oder Barfuß-Experte nannte. Und so gibt es in den Videos den ein oder andern guten oder schlechten Tipp.

Wenn es darum geht, »Barfußschuhe« an den Mann zu bringen, werden die Gefahren des reinen Barfußlaufens gerne stark übertrieben. Nach drei, vier Jahren in Minimalschuhe und den ersten Versuchen barfuß zu laufen, war für mich klar, barfuß ist eindeutig besser und geht das ganze Jahr bei jedem Wetter.

Nun haben die Minimalschuhe in der Regel eine sehr dünne Sohle ohne Dämpfung und Sprengung. Wichtiger als die Dicke der Sohle des Schuhes ist die Flexibilität der Sohle. Sie darf in den Richtungen etwas steifer sein, in denen der Fuß sich sowieso nicht verwinden kann. Da der Absatz den Tritt nicht dämpft, empfiehlt es sich aus meiner Sicht, im Ballen- oder Mittelfußgang zu laufen, statt wie 99,9% der Menschen im Fersengang.

Ob ihr in Minimalschuhe oder lieber gleich barfuß laufen wollt, ist für die folgenden Tipps nicht so wichtig.

Um vom Fersengang so auf Ballengang umzustellen, dass er in Fleisch und Blut übergeht, braucht es viele Monate oder gar Jahre. Dazu müsst ihr natürlich sehr viel Laufen oder Gehen. Ohne Übung geht es nicht. Übung macht den Meister.

Das ungewohnte Auftreten auf dem Ballen erfordert am Anfang viel, später weniger Konzentration. Am Ende wird es euch in Fleisch und Blut übergegangen sein. Der Fersengang ist tief im Hirn verdrahtet. Das Programm »Gehen« läuft automatisch und unbewusst ab. Es muss durch viel Übung umprogrammiert werden. Am Anfang werdet ihr wahrscheinlich stark übertrieben mit dem Ballen auftreten, was sehr unnatürlich, gestelzt wirkt. Das legt sich aber mit der Zeit.

Also Schuhe aus und einfach losgehen? Im Prinzip ja, aber …

Langsam steigern: Einen Tag etwas mehr gehen, am nächsten Tag weniger. Eure Muskeln brauchen Ruhe um sich zu regenerieren und zu bilden. Später zwei Tage gehen und einen Tag Pause. Alles, was sich in unter 15 Minuten in einer Richtung zu Fuß erreichen lässt: Gehen!

An Pausentagen: Fahrradfahren. Manchmal brauchen eure Füße nach längeren Strecken eine längere Pause. Aber nicht in den alten Tretern. Keine Sorge, eure Füße melden ihre Bedürfnisse leise, aber »unüberhörbar«, wenn ihr auf sie achtet. Frühzeitig auf sie hören. Nicht warten, bis sie laut brüllen.

Wer am Ende rein barfuß laufen möchte, sollte trotzdem am Anfang nicht auf Minimalschuhe verzichten. Die Fußsohle muss sich an die Belastung gewöhnen. Der Abrieb der Fußsohle ist je nach Untergrund sehr hoch. Eure Hornschicht ist diesen Abrieb (noch) nicht gewohnt. Bei brennender Sohle sind zwei, drei Tage in Minimalschuhen ganz angenehm. Nicht nur die Fußmuskeln müssen sich anpassen, auch die Hornschicht muss lernen, schneller zu wachsen und dicker zu werden.

Ganz wichtig: Ihr dürft keine herkömmlichen Schuhe mehr tragen, weil die aufgrund der Sprengung den Ballengang erschweren und dazu führen, dass ihr in den alten Trott zurückfallt. Schmeißt die alten Schuhe weg. Sobald ihr die alten, gut durchgelatschten Tretter an den Füßen habt, erinnert sich euer Kleinhirn wieder an das alte Programm.

Vorsicht: Es gibt sogenannte »Barfußschuhe«, mit denen ihr leicht in den alten Trott fallt, weil sie sich wie normale Schuhe anfühlen. Aber den einen, »richtigen« Minimalschuhe für alle gibt es nicht.

Am besten ist jedoch: Gar keine Schuhe. Auch keine Minimalschuhe. Meine Erfahrung.