Zu Weihnachten habe ich der Buch »Manchmal gewinnt der bessere – Die Physik des Fußballspiels« von Metin Tolan geschenkt bekommen. Im ersten Teil geht es um Statistik und die Ähnlichkeit einer Fußballmannschaft mit einer mit Atomen.
Die geschossenen Tore pro Spiel lassen sich durch eine Poissonverteilung annähern, wie folgendes Diagramm zeigt. (Tore bis Saison 2021/2022 einschließlich)
Man könnte daher sagen, dass Fußballmannschaften Tore mit der gleichen Wahrscheinlichkeitsfunktion »emittieren«, wie Atomkerne zerfallen.
Auf den zweiten Blick, wenn sieht man einen Unterschied zwischen Heim- und Auswärtsspiel, wie das folgende Diagramm für die 1., 2., und die beiden 2. Bundesligen Nord und Süd zeigt:
Die Gastmannschaften schießen weniger Tore als die Heimmannschaften. Dies hat zwar keine Auswirkungen auf die Summe der in einem Spiel geschossenen Tore, wohl aber darauf, wer das Spiel gewinnt. Das folgenden zwei Diagramme zeige die Anteile an gewonnenen, unentschieden gespielten oder verlorenen Spiel aus Sicht der Heimmannschaft und aus Sicht der Gäste.
Die Zuhause sind die Mannschaften ihren Gegner mit wenigen Ausnahmen deutlich überlegen. Nur der FC Bayern München und der RB Leipzig gewinnen auswärts mehr Spiele, als sie verlieren. Die SpVgg Greuther Fürth verliert was nur und hat mehr auswärts als zuhause gewonnen. Aber sie hält die 25 % unentschieden. Von diesen magischen 25 % kann nur eine Mannschaft in Heimspielen abweichen: FC Bayern München.
Wären die Mannschaften gleich stark, würden also jeweils gleich viele Spiele gegeneinander gewinnen und verlieren und den Rest unentschieden Spielen. Bei einer Poissonverteilung der Tore mit λ =1,5 gehen theoretisch 24,3 % der Spiele unentschieden aus. Das heißt jede Mannschaft gewinnt und verliert 37,85 % der Spiel.
Nur welche Torraten nehmen wir an, um das obige Bild zu erklären? Jeden Mannschaft hat eine durchschnittliche Torrate, die sie gegen alle anderen erzielt und eine Torrate, die sie gegen sich zulässt. Diese Torraten sind noch davon abhängig, ob zu Hause oder auswärts gespielt wird.
Bei 17.996 Spielen ist der Standardfehler 0,7 % Punkte. (Je weniger Spiele desto höher der Fehler.) Bei einer Torrate von 1,8435 für die Heimmannschaft und 1,2710 für die Gäste (1. Bundesliga alle Mannschaften bis 2021/2022) gehen die Spiele wie folgt aus:
Sieg | Unentschieden | Niederlage | |
Theorie | 50,8 % | 22,8 % | 26,4 % |
Realität (Häufigkeit aus 17.996 Spiele) | 50,4 % | 25,6 % | 24,0 % |
Mit einem Fehler von 0,7 %-Punkten sind die Abweichungen bei Unentschieden und Niederlagen bemerkenswert. Da hier nicht aus Sicht einer Mannschaft geschaut wird , ergibt sich für Gäste genau das gleiche Bild, nur dass für die Gäste Niederlagen der Heimmannschaft Siege sind.
Blicken wir auf eine einzelnen Verein, den FC Bayern München.
Gemäß Poissonverteilung würde sich für die Heimspiele des FC Bayern München mit den Torraten 2,7261 zu 0,8908 folgende Verteilung ergeben.
Sieg | Unentschieden | Niederlage | |
Theorie | 75,9 % | 14,4 % | 9,7 % |
Realität (Häufigkeit aus 971 Spiele) | 74,5 % | 16,5 % | 9,1 % |
Bei einem Standardfehler von ungefähr 2,7 %-Punkten auf 971 Spiele, passen hier Theorie und Realität sehr gut zusammen. Wir müssen auch beachten, dass es nur zwei Freiheitsgrade gibt. Reißt ein Wert ist ein auch ein zweiter betroffen. Blicken wir auf die Auswärtsspiele des FC Bayern München mit den Torraten 1.7322 und 1.2863.
Sieg | Remis | Niederlage | |
Theorie | 47,9 % | 23,6 % | 28,5 % |
Realität (Häufigkeit aus 971 Spiele) | 45,8 % | 26,8 % | 27,4 % |
Ein Vergleich anderer Vereine ergibt ähnliche Ergebnisse. Was wir mit diesen Kenntnisse machen wollen, ist
Die Fußball-Bundesliga-Saison 2022/2023 simulieren
Wir wollen jetzt die Bundesliga-Saison 2023/2023 mit diesen Erkenntnissen simulieren. Das heißt, wir lassen die Vereine gegeneinander spielen und das Ergebnis würfeln wir einfach anhand der Torrate und einer Poissonverteilung aus. Nur welche Torrate sollten wir nehmen. Das beste wäre eine Torrate aus den direkten Aufeinandertreffen der Paar aufgeteilt nach Heimrecht. Nur: Davon gibt es oft sehr wenige. RB Leipzig hat nur 204 Spiel, davon die Hälfte als Gastgeber und die Hälfte als Gast. Gegen den eine oder anderen Verein wird RB Leipzig noch nie in der Bundesliga gespielt haben. Weniger Spiele, größerer Standardfehler. Wir gewinnen also keine Genauigkeit. Union Berlin und SpVgg Greuther Führt kommen nur auf 102 bzw. 68 Spiele.
Also nehmen wir für jede Mannschaft zu Hause die durchschnittliche Heim-Torrate und auswärts die durchschnittliche Gast-Torrate.
Mannschaft | Heim-Torrate | Gast-Torrate |
Bayern München | 2,7261 | 1,7322 |
Borussia Dortmund | 2,1672 | 1,4512 |
RB Leipzig | 2,0882 | 1,8235 |
Borussia Mönchengladbach | 2,0685 | 1,3337 |
Werder Bremen | 1,9866 | 1,3330 |
VfB Stuttgart | 1,9796 | 1,3065 |
1. FC Köln | 1,9540 | 1,2936 |
Eintracht Frankfurt | 1,9522 | 1,1846 |
Bayer 04 Leverkusen | 1,9332 | 1,4570 |
Schalke 04 | 1,7564 | 1,1435 |
VfL Wolfsburg | 1,7459 | 1,2635 |
1899 Hoffenheim | 1,7437 | 1,4622 |
Hertha BSC | 1,6662 | 1,1335 |
VfL Bochum | 1,6466 | 1,1005 |
Union Berlin | 1,5882 | 1,1765 |
SC Freiburg | 1,4893 | 1,0775 |
FSV Mainz 05 | 1,4706 | 1,1434 |
FC Augsburg | 1,4225 | 0,9840 |
Diese Vorgabe benachteiligt den FC Bayer München, denn alle Mannschaften sind mit der Vorgabe in der Simulation stärker, als die Münchner tatsächlich zulassen (Torrate 0,8908 für Gäste). Schauen wir, wohin und dies führt. Allerdings haben auch andere, starke Mannschaften dadurch Nachteile. Diese Simulation setzt auf Offensive, nicht auf Verteidigung und mehr Tore, was zu weniger Unentschieden führen wird. [Tulan Seite 84 ff].
Das Diagramm zeigt, wie oft eine Mannschaft bei 1.000 Runden auf welchem Rang landet.
Update 05.01.2022
Die Ergebnisse der Spiele nach Siegen-Unentschieden-Niederlagen für die Mannschaften stimmten nicht mit der Historie überein. Also habe ich die Simunlation dahingehend geändert, dass ich die Torraten der direkten Begegnungen zugrunde gelegt habe. Leider haben einige Mannschaften erste sehr selten gegeneinander gespielt. Einigen haben davon nicht ein Tor erzielt. In diesem Fall wäre die Torrate 0. Alle Begengungen würden unentschieden oder mit einer Niederlage enden. Hier habe ich die Torrate auf 1 / Anzahl Begegnungen gesetzt. Das Ergebnis ist: Bayern wird mit noch größerer Häufigkeit Meister und steigt nicht mehr ab. Außerden stimmen die Sieg-Unentschieden-Niederlagen sehr gut mit den historischen Daten überein.
Besonders gut stimmen die S-U-N beim FC Bayern München in 170.000 simulierten Spielen mit der Realität aus fast 1000 Spielen zusammen. Mit der neuen Simulation wird der FC Bayern mit 71,6 % Häufigkeit Meister.
Wer wird Meister?
Mit 41 ,6 % 71,6 %ist der FC Bayern München – trotz der Benachteiligung bei Heimspielen – der Favorit auf die Meisterschaft. Ihm folgen RB Leipzig mit 19,2 % 19,6 % und Borussia Dortmund mit 9 % 4,6 % bei 10.000 simulierten Saisons. Durch die neue Simulation hat sich die Chance des RB Leibzig leicht erhöht, die Chancen der anderen deutlich reduziert.
Nach dem 15. Spieltag steht der FC Bayern auf dem ersten Platz gefolgt vom FC Freiburg, RB Leipzig und Eintracht Frankfurt. Mit dem SC Freiburg und Eintracht Frankfurt liegen zwei Vereine in der Spitze, die da nicht zu erwarten sind. Der SC Freiburg ist eigentlich Abstiegskandidat, was mit 30 Punkten nach 15 Spielen wohl ein Ding der Unmöglichkeit ist.
Wer steigt ab?
In der Abstiegszone würden wir FC Augsburg, FSV Mainz 05, Hertha BSC, SC Freiburg, Union Berlin (Platz 6) oder VFL Bochum erwarten. (FC Bayern München lag in den 10.000 Simulationen nicht auf einem Abstiegsplatz.)
Tatsächlich tummeln sich dort:
- FC Köln (13)
- FC Augsburg (14)
- Hertha BSC (15)
- VfB Stuttgart (16)
- VfL Bochum (17)
- FC Schalke 04 (18)
Der VfB Stuttgart ist in der (ersten) Simulation ungefähr so Stark, wie der SV Werder Bremen. Trotzdem liegen die Bremer aktuell auf Platz 9 und die Stuttgarter auf Platz 16.
Schalke 04, die souverän vor der den Bremern aufgestiegen sind, liegen am 15. Spieltag auf dem letzten Platz.
Aber: Jede Mannschaft lag in der Simulation mindestens einmal auf jedem Rang. Selbst die Bayern landen in der ersten Simulation in 9 Fällen – oder 0,9 ‰ – auf einem Abstiegsplatz, was nach dem 15. Spieltag jetzt nicht mehr zu befürchten ist. In der neuen Simulation ist der schlechteste Tabellenplatz 11.
Manches kann noch werden, es sind ja noch 19 Spiele offen. Der Zufall kennt nur keine Richtung.
Fazit
Wenn Fußballmannschaften zufällig Tore emittieren, wie Atomkerne zerfallen, dann bestand am bestand am Anfang der Saison für jede Mannschaft statistisch die Möglichkeit rein aus Zufall – trotz geringerem können – Meister zu werden.
Manchmal gewinnt der bessere, aber nicht immer.
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