Götterdämmerung – Eine Lichtgestalt verdunkelt sich

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Etwas mehr Sachlichkeit täte der Diskussion sicher keinen Abbruch. Dass er Neider – selbst in der eigenen Partei – hat, die etwas gesucht haben, entspricht der Lebenserfahrung.

Jeden, der an seinem Verhalten etwas auszusetzen hat, als Guttenberg-Gegner zu verdächtigen, als Neider zu verunglimpfen oder der Schadenfreude zu bezichtigen, hilf wenig und trifft es wohl nur in wenigen Fällen. Dass die Lichtgestalt sich gerade verdunkelt, ist bedauerlich, aber sie ist selbst schuld. Der Gott stürzt sich selbst.

Ob man ihn mag oder nicht, spielt keine Rolle für die Bewertung seines Verhaltens. Er hat bei der Erstellung seiner Dissertation Fehler begangen, die er nicht zurückdrehen kann. Mit im Boot / im Schlamassel sitzten Professoren der Uni Bayreuth. Die Frage ist, wie kommen die aus dem Boot herraus? Zur Zeit schlecht. KT reitet sich und sie nur weiter hinein. Augen zu und durch, oder ehrlich?

Bei einer Dissertation geht es nicht um eine Bedienübung für ein Textverarbeitungsprogramm. Auch ist sie keine Zitierübung. Es geht um den Nachweis der wissenschaftlichen Qualifikation. Der Doktortitel wird Bestandteil des Namens.

Ab wie vielen Zitier-Fehlern wird eine Arbeit schlecht, wann ist sie noch ein eigenes Werk? Wieviel eigener Gedanke muss enthalten sein?

Es ist erlaubt Textpassagen anderer zu übernehmen, wenn man sie kennzeichnet. Wie lang dürfen die sein? Copy and Paste gab es schon vor dem Computerzeitalter. Nicht umsonst ist das Icon für Ausschneiden die Schere. Die Position eines anderen in eigenen Sätzen zu verwenden, geht völlig in Ordnung. Ganze Sätze zum besseren Leseverständnis auch. Die Übernahme eines ganzen Abschnitt wird grenzwertig, wenn aber mehrere Abschnitte übernommen werden und dazwischen, danach kein eigener Gedanke, keine Kommentierung erscheint, dann hat das mit wissenschaftlicher Arbeit nichts zu tun.

Nun, diese Fragen wird die Uni Bayreuth beantworten müssen. Genug Stoff wurde zusammengetragen.

Wir haben ein Recht, von ehrlichen und weitsichtigen Politikern regiert zu werden. Sie müssen auch erkennen, wann eine Position verloren ist.

Schachspieler, die in erheblichen Nachteil geraten, geben die Partie auf. Manche Spieler reagieren beleidigt oder verächtlich, wenn der Gegner bis zum letzten Zug spielt. Kein Spieler, der etwas auf sich hält, spekuliert auf schwere Fehler des Gegners in gewonnener Position. Niemand spielt bis zum Matt. Um zu zeigen, dass man wenigstens das eigene Matt vorhersehen kann, gibt man auf. In Zeiten des WEB 2.0 scheint dieser Ehrenkodex auf zu weichen.1

Zu Guttenbergs Reaktion zeigt: Er ist kein guter Schachspieler.

Statt zu erkennen, wohin die Reise geht, gibt es Rückzüge auf Raten. Welche Station kommt nach „abstrus“ und „enthält fraglos Fehler“?

„Abstrus“ war eine – unnötige – Herausforderung, von der er wissen musste, dass er den Kampf nicht gewinnen kann. Fehlende Argumente und Herabsetzung des „Gegners“ sind im Zeitalter des Internet wenig ratsam. Die Macht der Information und Koordination der Massen über das Internet wird nicht nur in Tunesien, Ägypten und weiteren Ländern deutlich. Wikileaks war ein Wink mit dem Zaunpfahl. Die Jagd nach Plagiaten war vorhersehbar. Mundtod machen war gestern.

„Enthält fraglos Fehler“ ist eine Null-Aussage, denn keiner erwartet Fehlerfreiheit. Die Frage ist: Warum diese?

Vielleicht hätte eine kurze Sachliche Antwort und Entschuldigung die Sache erledigt. Aber die Zurückweisung als „abstrus“ deutet auf ein schlechtes Gewissen hin. Niemand der sich seiner Sache sicher ist, braucht Vorwürfe als abstrus zu diskreditieren. Ein Ausweichen von der Sachebene auf die emotionale Ebene ist eine Herausforderung. Ungeschickt. Die Erklärung vom Freitag2 macht es nicht besser. Entschlossenes Auftreten ersetzt keine Argumente.

Warum gibt es keine eigenständige Einleitung? Warum wurde sie aus mehreren Quellen kopiert? Die Übernahme 10-seitiger Ausarbeitungen des Bundestagsdienst3 wird schwer zu erklären sein. Korrekt markiert, wäre dies schlicht Seiten schinden.

Ich gebe zu, zu Guttenberg hat bei mir einiges an Sympathien verspielt. Nach der Entlassung des Staatssekretärs und des Generalinspekteurs, die ihm nicht alles vorgelegt (oder auch vorenthalten, unterschlagen) haben4, wird wahrscheinlich die Sekretärin entlassen, weil sie seine Notizen versehentlich in die Dissertation kopiert und nicht gekennzeichnet hat. In sieben Jahren mühsamer Arbeit kann jeder den Blick über das verlieren, was er nur gelesen und was er selbst geschrieben hat.

Das ist alles zutiefst bedauerlich, denn abgesehen von diesen menschlichen Schwächen hat er bei der Reform der Bundeswehr bisher besser gearbeitet als seine Vorgänger.


1vgl. Etikette beim Online-Schach: Aufgeben oder Matt setzen lassen. >> In meiner Zeit, gab es noch kein Online Schach. Fernschach wurde per Brief gespielt und das Spielen bis zum Ende kostete Geld.

2Homepage zuguttenberg.de : Aktuelle Stellungnahme >>

3siehe SPON: Umstrittene Doktorarbeit –
Guttenberg kopierte auch von Bundestagsdienst >>

4siehe FAZ.NET vom 19.02.2011: Verteidigungsminister zu Guttenberg – Gezielte Informationspannen >>