Wählerresignation und Wahlverweigerung
Wer glaubt, dass seine abgegebene Stimme durch die Politiker missbraucht wird, irrt. Im Gegenteil, seine nicht abgegebene Stimme wird missbraucht.
Politiker lassen sich nicht wählen, sondern sie werden gewählt. Die paar Stimmen der Politiker machen den Kohl nicht fett. So bekommen nicht die Politiker die Volksvertretung, die sie als Strafe verdienen, sondern die Nicht-Wähler bekommen die Volksvertreter, die die Wählenden für sie aussuchen.
Warum? Die Anzahl der Sitze im Parlament ist in Deutschland unabhängig von der Zahl der Wähler. Bleiben von allen Parteien gleich viel Wähler (sagen wir 40%) zu Hause, ändert sich an der Sitzverteilung überhaupt nichts. Nur eine unterschiedliche Mobilisierung der Wähler hat Auswirkungen auf die Sitzverteilung. Beispiel: Von 100 Wähler wählen A: 60; B: 40. Geben nur 60% ihre Stimme ab, bleibt das Verhältnis mit 36 zu 24 Stimmen gleich. Deshalb ist mangelnde Wahlbeteiligung in Maßen keine Bedrohung für Politiker.
Kommen alle B-Wähler zur Wahl, so beträgt das Stimmverhältnis 36 zu 40. Die Nicht-Wähler von A sorgen also für die Mehrheit der Partei, die sie gar nicht mögen. Wer nicht wählt, wählt den Gegner!
Dies spielt besonders bei kleinen Parteien eine Rolle. Sie sind weniger von der „Wahlmüdigkeit“ betroffen. Die Wahlmüdigkeit der Masse entscheidet, daher ob eine kleine Partei die 5% Hürde überspringt. 95% Wahlbeteiligung bei CDU und SPD Wählern wären das Aus für FDP, Grüne oder PDS. Die kleinen Parteien haben daher ein Interesse daran, dass bei den Großen möglichst viele Wähler zu Hause bleiben. Je weniger Wähler der großen Parteien zur Wahl kommen, desto kleinere Parteien kommen ins Parlament. Sie stellen dann immerhin 5% oder mehr Abgeordnete und bestimmen mögliche Koalitionen, obwohl sie vielleicht nur 2-3% der Bevölkerung vertreten. Der angewiderte Wahlverweigerer ermöglicht erst den Einzug jener ins Parlament, von denen er noch angewiderter sein dürfte.
Angewidert kann er jedoch alle Schuld von sich weisen und unschuldig rufen: „Die missbrauchen meine Stimme nicht!“ Recht hat er: Er hat sie selbst missbraucht!
Unser politisches System, die „Parlamentarische Demokratie“, muss die unterschiedlichen Meinungen von 80 Millionen Menschen unter einen Hut bringen. Niemand kann erwarten, dass auch nur zwei Menschen gleicher Meinung sind. (Außer natürlich bei der Frage, ob Politiker schlecht sind. Hier gibt es keinen Zweifel.)
So haben wir die Politiker, die wir bekommen können. Bessere melden sich nicht. Statt zu schimpfen und auf Utopia zu warten, sollten wir lieber die Besten der Schlechten wählen, um nicht die ganz Schlechten zu bekommen.
Gegen schlechte Politiker in den Parteien gibt es ein Mittel: Bessere Mitglieder. Also: Eintreten! Dies wird nicht immer mit Erfolg verbunden sein, weil die Anderen partout immer alles besser wissen. Dem Resignierenden ist jedoch eines gewiss: Die Musik spielen andere.
Folge Deiner Schlussfolgerung! Gehe wählen (immer). Wer nicht geht – sollte für immer schweigen.