Corona: Vergleich Deutschland – Schweden

Immer wird Schweden als Beispiel dafür angeführt, dass ein Lockdown nicht notwendig wäre und ein Land ohne Lockdown viel besser durch die Pandemie kommt. Frage ist nur, ob diese Behauptung stimmt.

Nun lässt sich SWE nicht einfach mit DEU vergleichen. SWE hat ~ 10 Millionen Einwohner, DEU ~ 83 Millionen. Dazu ist die Altersstruktur in den beiden Ländern unterschiedlich. Die Schweden sind im Durchschnitt 3 Jahre jünger. Die Geschlechterverteilung wird in einigen Altersbändern unterschiedlich sein (zB. wg. 2. Weltkrieg). Das habe ich aber nicht geprüft.

Wenn die Zahl der Todesfälle als ein Maßstab für die Wirksamkeit der Maßnahmen in unterschiedlichen Ländern genommen wird, müssen relevante Unterschiede rechnerisch ausgeglichen werden. In einem Land mit sehr wenigen alten Einwohnern werden – bei sonst gleichen Bedingungen – weniger sterben, als in einem Land mit vielen alten Einwohnern.

Um Länder zu vergleichen, werden die Daten daher vor dem Vergleich in eine Standardbevölkerung umgerechnet. Wie bei der Euro-Einführung. Alle nationalen Währungen wurden erst in den Euro umgerechnet und dann verglichen.

Es gibt verschiedene Standardbevölkerungen. Z.B. für weltweite Vergleiche, für europäische Vergleiche oder für Vergleiche zwischen den Bundesländer. Zum Beispiel sind in Sachsen 8,5% über 80, in Hamburg 5,8%. D.h. Sachsen hat 47% mehr 80+ als Hamburg. Gegenüber Rheinland-Pfalz sind es etwa 25% mehr, bei ungefähr gleicher Einwohnerzahl

Natürlich darf jeder seine eigene Standardbevölkerung definieren, was ich in diesem Fall gemacht habe. Normalerweise sollte eine gängige Standardbevölkerung gewählt werden, um mit anderen Ergebnissen vergleichbar zu sein. Dies ist hier aber nicht erforderlich.

Der Einfachheit halber habe ich die Bevölkerung DEU zum 31.12.2019 für den Vergleich genommen, der 31.12.2020 oder der 30.06.2020 liegen mir noch nicht vor. Der Wert zur Mitte 2020 wäre sicherlich statistisch der geeignetere Wert. Aber: Was ich nicht habe, kann ich nicht nutzen.

Diese „eigene“ Standardbevölkerung hat den Vorteil, dass ich die DEU Todesfälle nicht umrechnen muss. Also habe ich die Todesrate in den 10-Altersbändern, wie die Schweden sie veröffentlichen (ohne Geschlecht) in die DEU-Altersbänder umgerechnet.

D.h die schwedischen Toten im Altersband n wurden durch die schwedischen Einwohner im Altersband n geteilt und mit den deutschen Einwohner im Altersband n multipliziert.

Annahme: In einer schwedischen Bevölkerungsstruktur, die der deutschen Altersstruktur entspricht, hätte es so viele Tote gegeben, wie errechnet. Nun lässt sich das standardisierte Schweden mit Deutschland direkt vergleichen.

Vergleich der Todesfallzahlen DEU – SWE nach 10-er Altersband.


In DEU gibt es zur Zeit 2.216.363 Fälle und 56.945 Todesfälle. D.h. Schweden hat relativ etwas mehr als doppelt so viele Fälle (2,2x) und Todesfälle (2.0x).
In der Altersgruppe 90+, die mit der Strategie geschützt werden sollen, ergibt sich ein Faktor ~2,5.
In der Altersgruppe < 20 Jahre ist es sogar ein Faktor ~5.

AltersgruppeSWEDEU
A0-9610
A10-1932
A20-291441
A30-392991
A40-4971298
A50-592391368
A60-696593944
A70-79238810171
A80-89483024730
A90+318612172
Summe1142552827
Todesfälle Schweden Deutschland nach Altersgruppe

Schauen wir uns die Rohdaten an, stellen wir fest, dass in den unteren Jahrgängen nur wenige Fälle zu verzeichnen sind. Ein Fall mehr oder weniger hat hier erhebliche Auswirkungen. Für einen Vergleich sind die Todesfallzahlen zu klein.

Schweden hat in allen Altersbändern mehr Todesfälle zu beklagen als Deutschland. Die 560.472 schwedischen Fällen entsprechen daher 4.842.205 deutschen Fällen und den 11.425 Todesfällen entsprechen 114.878 Todesfälle.

Würden wir die 11.425 Todesfälle in Schweden nur mit dem Verhältnis der Bevölkerung multiplizieren, ergeben sich nur 95.072 Todesfälle.

Das ergibt 5.797,86 Fälle und 137,55 Todesfälle pro 100.000 Einwohner. Deutschland liegt bei 68,56. Todesfälle pro 1000 Einwohnern.

Was die Zahl der Todesfälle pro Einwohner angeht, kommt nur Sachsen den Schweden nahe.

Todesfälle por 100.000 Einwohner nach Bundesländern

Fazit: Die schwedische Strategie war nicht erfolgreich.

Quellen:

  • UN World Poplation
  1. Folkhälsomyndigheten (Excel)
  2. UN World Population Prospects : https://population.un.org/wpp/Download/Standard/Population/
  3. RKI Altersverteilung (Excel)

Update:

Stand 09.06.2021

Der Unterschied zwischen den Todesfällen DEU / SWE ist geringer geworden, aber in SWE sind immer noch im Vergleich zu DEU mehr Menschen gestorben.

3 Kommentare

  1. Was man so liest ist sehr abenteuerlich. Also ein Land, das Kinder von allen Maßnahmen ausgeschlossen hat, das nie Maskierungen zum Gesichtsverlust verordnet hat, keinerlei Zwänge ausgeübt und nun alle Empfehlungen aufgehoben hat, das hatte demographiebereinigt wie Deutschland keine Übersterblichkeit, aber hat laut Ihren Berechnungen schlechter abgeschnitten als Deutschland? Faszinierend.
    Übrigens berichteten deutsche Medien über Tansania, dass sich dort Leichen in Dar es Salaam in den Straßen stapeln. Hab ich mir angeschaut und sogar Medizinstudentinnen gefragt: Eine Lüge wie sie die Medien schon oft erfunden haben. Auch nicht gerade sehr kreativ.

Kommentare sind geschlossen.