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[tawarning align=“left“ onall=“yes“] In mehreren Artikeln habe ich über die MS-Transporte Schwab und über Loy-Transporte geschrieben.[ref]MS-Transporte Schwab vom 24.03.2013, 08.04.2013[/ref] [ref]Loy Tranporte Team 07.01.3013[/ref]
In den letzten Tagen häuften sich die Suchtreffer nach MS-Transporte Schwab auf dieses Blog. Ein sicheres Zeichen für ein gesteigertes Interesse an diesem Thema. Frage: Warum?
Lange hatte ich auf einen Kommentar zu diesem Thema gewartet und fand endlich jemanden, der ein Arbeitsangebot angenommen hat. Allerdings ist noch kein weiterer Kontakt zustanden gekommen. Dafür hat mich jemand anderes angerufen und mir den Arbeitsvertrag und weitere Informationen zukommen lassen, so dass ich einen Teil meines Verdachtes belegen und das Vorgehen der Betrüger rekonstruieren kann.
Rekonstruktion des Ablaufes
Der Ablauf der gesamten Aktion stellt sich wie folgt dar. Nach einer massiven Werbeaktion der Betrüger um den 23. März herum wurden die Bewerbungen ausgewertet und mit geeigneten Mitarbeitern Kontakt aufgenommen. Anschließend wurden die Arbeitsverträge ab Ende März geschlossen. Der Arbeitsbeginn ist etwa 10 bis 14 Tage nach Abschluss des Vertrages – zum Inhalt des Vertrages komme ich später – durch die MS-Transporte Schwab, also um den 10. April. Mit dem Arbeitsvertrag bekommen die neuen Mitarbeiter auch die Login Daten für einen Verwaltungsbereich auf den Web-Servern von MS-Transporte Schwab, die auch auf der Seite der Loy-Transporte und somit auf beiden Systemen funktionieren. D.h. hinter beiden Systemen steckt dieselbe Mitarbeiterverwaltung, folglich dieselben Betrüger.
Gleich mit am ersten Arbeitstag trudeln die Pakete ein, denn die Waren werden bereits zwei oder drei Tage vor Arbeitsbeginn auf den Namen des Versandmitarbeiters bei verschiedenen Online-Versendern bestellt – möglich wäre auch eine Bestellung auf den Namen eines Dritten und Angabe der Lieferanschrift des Mitarbeiters. Letzteres habe ich aber – noch – nicht gefunden.
Anfangs scheint man sich auf kleine, unauffällige Bestellungen zu beschränken. Die notwendigen Daten, um eine Bestellung auf den Namen des Versandmitarbeiters zu tätigen, haben die Kriminellen aus seiner Bewerbung. Sogar seine Kontonummer sollte ihnen bekannt sein, denn sie müssen ihm schließlich sein Gehalt überweisen. (Die Kontonummer wird allerdings nicht mit der Bewerbung abgegeben.)
Auf einigen Lieferscheinen steht „bezahlt mit Kreditkarte“. Sollte der Versandmitarbeiter die Daten seiner Kreditkarte angegeben haben, dann wird er die Waren wahrscheinlich selbst bezahlen und dies erst mit der nächsten oder übernächsten Monatsabrechnung bemerken. In vielen Online-Shops lässt sich über Lastschrift bezahlen. Dreist wäre es natürlich die Zahlung per Rechnung zu vereinbaren, aber dann könnte der Mitarbeiter zu schnell Verdacht schöpfen. Der Mitarbeiter muss jedoch so lange wie möglich bei der Stange gehalten werden.
Die Versandaufkleber wurden bei UPS einen Tag vor Arbeitsbeginn erstellt und damit wahrscheinlich schon vor Auslieferung der Waren.
Laut der Arbeitsanweisung treffen fünf bis sieben Pakete pro Tag beim Versandmitarbeiter ein. Der Versandmitarbeiter soll die Pakete im Beisein des Fahrers kontrollieren, die Pakete öffnen und die Lieferpapiere entnehmen. Anschließend meldet er sich in einem Portal auf ms-transporte-schwab.com an. Dort findet er neben anderen Verwaltungsbereichen einen Bereich Wareneingang, in dem er die eingegangenen Waren anhand der Lieferscheine verbucht. Sind seine Angaben vollständig, lädt er einen vorausbezahlten (BILLING: P/P) Versandschein von UPS herunter, druckt ihn aus und klebt ihn – nach dem Wiederverschließen des Paketes – auf die Original-Verpackung. Die Lieferunterlagen behält der Mitarbeiter für sich. Am nächsten Tag holt UPS oder ein anderer Dienstleister das Paket beim Versandmitarbeiter ab und transportiert es ins Ausland, denn auf dem Versandschein befindet sich als Absender die Adresse des Versandmitarbeiters und eine Empfängeradresse im Ausland. Um den Zoll muss sich der Mitarbeiter angeblich nicht kümmern. Der angebliche Arbeitgeber MS-Transporte Schwab mit den schönen LKW auf der Homepage transportiert hier nichts.
Nach der Abholung durch UPS lädt der Versandmitarbeiter noch die Abholbestätigung auf den Server. So haben die Kriminellen die Kontrolle, ob der Mitarbeiter noch bei der Stange ist. Die Sendungsverfolgung bei UPS, DHL und Co gibt ihnen einen weiteren Kontrollmechanismus an die Hand.
Die Rolle von UPS
Die Anmeldung eines Kontos bei UPS dauert nicht lange, ich musste nicht einmal meine E-Mail-Adresse bestätigen. Dem angeblichen „Arbeitgeber“ liegen aufgrund der Bewerbung alle Daten für eine Anmeldung vor. Als E-Mail Adresse wird die eigene Domain oder ein Free Mail Provider dienen, denn der Mitarbeiter soll darauf keinen Zugriff bekommen. Die Bewerbungen laufen über bewerbungen@ms-transporte-schab.com, könnte man nehmen, wäre aber nicht schlau. Aber ich denke zur Tarnung werden andere Domainnamen genutzt.
Jeder kann bei UPS einen Versand von einer beliebigen Adresse (Abholung) zu einer anderen Adresse (Lieferung) anstoßen und einen vorausbezahlten Versandaufkleber online erstellen. Der angemeldete Nutzer muss nicht der Absender der Pakete sein. Der Absender braucht nur den Versandschein, den sich der Versandmitarbeiter nicht bei UPS herunter lädt, sondern der über die Web-Seite von MS Transport Schwab. Der Mitarbeiter hat keinen Zugriff auf das Konto bei UPS und kann sich diesen auch nicht einfach verschaffen, da er die verwendeten E-Mail und das Passwort nicht kennt. Ohne E-Mail kein neues Password, ohne Password keine Änderung der E-Mail-Adresse. Bis UPS vom Missbrauch überzeugt ist oder diesen selbst bemerkt, kann es etwas dauern.
Sämtliche Lieferunterlagen behält der „Versandmitarbeiter“ für sich; sie werden nicht mitgeschickt und damit eine Spur verwischt, teilweise, denn es gibt ja die echte Absenderadresse des Versandmitarbeiters auf den Versandscheinen.
Die Rolle der Online-Händler
Unter den geschädigten, oder zumindest ausgenutzten, Online-Händlern, gibt es große und kleine Namen. Grundsätzlich ist es sehr leicht sich bei einem Online-Händler anzumelden und eine Bestellung aufzugeben. Die Sicherheitsmaßnahmen sind eher gering. Bei der Anmeldung muss nur eine E-Mail-Adresse angegeben werden, die teilweise nicht einmal bestätigt werden muss. Der Versandmitarbeiter hat alles geliefert, was die Betrüger benötigen, um sich in seinem Namen anzumelden. Egal wie gut eine Prüfung der Online-Shops ist, sie dürften ins Leere laufen. Nur wenn die Betrüger sich problemlos mit den Daten des Mitarbeiters in zahlreichen Shops anmelden können, lohnt es sich überhaupt mit ihm Kontakt aufzunehmen. Der Versandmitarbeiter bekommt von der Anmeldung nichts mit. Auch hier wird eine E-Mail-Adresse der Betrüger genutzt, so dass es für den Versandmitarbeiter schwer wird, weitere Bestellungen zu stoppen und das Konto zu sperren, sollte er das System durchschauen.
Gegenüber den Online-Versandhäusern ist der Versandmitarbeiter der Besteller und Empfänger der Waren. Bei Schwierigkeiten mit der Bezahlung werden sie sich an ihn wenden.
Die Online-Shops bekommen von dem Betrug erst etwas mit, wenn die Kreditkartenbesitzer die Zahlungen stornieren lassen und Rechnungen nicht bezahlt werden. Bei Kreditkartenzahlungen kann dies aber eine Weile dauern. Wenn die Bestellungen gegen Mitte des Monats starten, sind sie nicht in der Abrechnung April enthalten, die meines Wissens den 15. eines Monats stattfindet, sondern frühestens in der Abrechnung Mai. Werden die Bestellungen mit geklauten Kreditkartendaten bezahlt, merken die Geschädigten dies also frühestens vier Wochen später. Dann müssen sie noch zur Bank und der Abbuchung widersprechen. Es dauert dann ein paar Tage, bis dies beim Online-Händler ankommt. Der schreibt eine Mahnung oder beauftragt ein Inkassobüro, was auch etwas dauert. In der Zwischenzeit verschickt der Versandmitarbeiter fleißig weitere Pakete.
Sollte der Versandmitarbeiter den Betrügern seine Kreditkartendaten genannt haben, dann merkt er es auch erst in vier Wochen. Der Kreditrahmen des Mitarbeiters auf der Kreditkarte spricht allerdings dagegen. Bei fünf bis sieben Pakete mit einem durchschnittlichen Warenwert von 300€ bedeuten dies einen Schaden zwischen 36.000€ und 51.000€ (nach oben offen) im ersten Monat, wenn der Versandmitarbeiter nichts bemerkt. Je höher der Warenwert desto schlimmer. Erst wenn der Versandmitarbeiter jetzt die Rechnungen nicht bezahlt, werden die Händler wach. Aber die werden sich an den Versandmitarbeiter halten und ihn auffordern die von ihm bestellten Rechnungen zu bezahlen. Urteile zu Finanzagenten zeigen, dass die Firmen gute Chancen haben, ihren Schaden zumindest zum einem großen Teil vom Versandmitarbeiter erstattet zu bekommen – wenn er zahlen kann. (Ich suche jetzt nicht nach den Urteilen.)
Zwischenstation im Ausland
Die Pakete, die der Versandmitarbeiter an UPS übergibt, gehen an einen Empfänger im Ausland. Dies wird nur eine Zwischenstation sein. Die Empfängeradresse muss richtig sein, andernfalls würden die Pakete ins Leere laufen, der Empfängername dürfte frei erfunden sein. Aufgrund der Sendungsverfolgung können die Kriminellen die Anlieferung vorhersagen und die Entgegennahme auf wenige Stunden genau planen. An dieser Adresse wird wahrscheinlich daher nicht der Endempfänger der Waren wohnen – es wäre ziemlich dumm nach all dem Aufwand[ref]Wie in solchen Fällen vorgegangen wird, dazu gibt es einen Bericht auf bz-berlin.de vom 12. Januar 2013 „Betrug mit Paketen: Doppelschlag gegen Warenkredit-Gauner“[/ref]. Wahrscheinlich wird hier nur empfangen. Aber irgendwann muss die Ware auf dem Schwarzmarkt verkauft oder bei ebay versteigert werden. Irgendjemand in der Kette muss den Betrüger, der die Kette anstößt, schließlich am Gewinn beteiligen.
Dass Versandmitarbeiter über diese Adresse im Ausland sein Geld wieder sieht, darf bezweifelt werden. Es wird sicher nicht nur eine Zwischenstation geben. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Der Arbeitsvertrag
Grundsätzlich sieht der Arbeitsvertrag ganz normal aus. Ein einfacher Arbeitsvertrag ohne großes juristisches Brimborium. Es gibt sogar Urlaub. In der Arbeitsbeschreibung ist sogar die Krankmeldung geregelt und Online möglich, obwohl ich nicht glaube, dass dies oft geschieht. So lange dauert das Arbeitsverhältnis nicht.
Der Arbeitsvertrag besagt, dass der Mitarbeiter seinen Lohn erst zum 15. des Folgemonats bekommt. D.h. bei Arbeitsbeginn zum Anfang des Monat würde er sechs Wochen kostenlos Arbeiten, bevor er Verdacht schöpft. Wenn er den ausstehenden Lohn bemerkt, wird er erst nachfragen, aber nicht sofort seine Arbeit einstellen. Wenn es gut geht, können ihn die Betrüger noch zwei Wochen bei der Stange halten, dann ist er so oder so verbrannt, weil ihm die Mahnungen der geschädigten Online-Händler ins Haus flattern. Ein spät erwachender Versandmitarbeiter dürfte sich schnell Forderungen von 75.000€ und mehr gegenüber sehen.
Da die Kriminellen über die Sendungsverfolgung und das Hochladen der Empfangsbestätigungen des Abholers eine Rückmeldung über die Arbeit ihres Mitarbeiters erhalten, können sie, sollte der Mitarbeiter erkannt haben, dass er betrogen wurde, innerhalb weniger Tage reagieren und die Lieferung weiterer Pakete einstellen; können, müssen aber nicht.
Ich kann jedem mit einem derartigen Arbeitsvertrag nur Raten, die Pakete nicht weiter zuschicken, und sofort zur Polizei zu gehen.
So, genug für heute.
Gute Nacht
[…] die kurze Aufgabenbeschreibung wird deutlich, um was es sich handelt: Betrug mit Warenbestellungen. Es wird ein Dummer gesucht, der die Bestellungen annimmt und ins Ausland […]