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Rechtzeitig zu Weihnachten hat The Archive AG mit den Rechstanwälten (RA) Daniel Sebastian und Urmann und College (U+C) die wohl größte Abwahnwelle in Deutschland losgetreten. Zeitpunkt und Thema der Abmahnung (Pornografie) sind geschickt gewählt. Als (noch) nicht betroffener möchte ich ein Teilthema ansprechen, dass etwas weniger Beachtung in diesen erfährt: Der Unterschied von Download / Streaming zu Filesharing.
Abgemahnt wird das Ansehen von vier Erwachsenenfilmen (Porno), die zum Teil seit Jahren auf der Portal redtube.com verfügbar sind. The Archive AG behauptet, die Auswertungsrechte für diese Filme zu besitzen. Laut Terms of Service des Portals redtube.com versichert der Einsteller eines Filmes, dass er die notwendigen Lizenzrechte an dem Material besitzt und diese unwiderruflich an RedTube weitergibt, die die Rechte an ihre Besucher weitergeben darf[ref]Redtube.com: Legal & Section 2257 Compliance StatementBy submitting, posting, or communicating User Content using the Service, you grant to RedTube an irrevocable, perpetual, non-exclusive, transferable, fully paid, royalty-free, worldwide license to: (1) use, copy, publicly perform, publicly display, reformat, translate, excerpt (in whole or in part) and distribute the User Content in or through any medium now known or hereafter invented, for any purpose; (2) to prepare derivative works using the User Content, or to incorporate it into other works, for any purpose; and (3) to grant and authorize sublicenses of any or all of the foregoing rights.[/ref]. Dies beinhaltet auch das Recht die Filme für den Eigengebrauch anzusehen.[ref] Ebenda: You are granted a personal, non-exclusive, nontransferable license to view, on a single computer only, the content of the Service.[/ref] Insoweit unterscheiden sich die rechtlichen Probleme und die Terms of Service nicht wesentlich von denen bei Facebook oder YouTube. Trotzdem wird hier nicht versucht, den Betreiber des Portals abzumahnen und die Filme entfernen zu lassen, sondern der Betrachter ermittelt und abgemahnt.
Was wäre, wenn die The Archive AG und U+C mit ihrer Auslegung Recht bekämen?
Dazu wollen wir uns die Unterschiede zwischen kollaborativem Filesharing und Download einer Datei von einer Web-Seite ansehen.
Kollaboratives Filesharing
Unter Tauschbörsen (kollaboratives Filesharing) werden meist peer-to-peer Netze verstanden, bei denen viele Nutzer Dateien untereinander austauschen. Dieses Tauschen von Dateien ist nicht grundsätzlich illegal[ref]Linux Betriebssysteme wie OpenSuSE oder KNOPPIX werden ganz legal über das BitTorrent-Netzwerk angeboten.[/ref]. In der vermeintlichen Anonymität des Internet werden diese Tauschbörsen auch zum illegalen Tausch von Filmen, Musik, Programmen oder Bücher genutzt. Bei einem BitTorrent-Netzwerk wird zu jeder zu tauschenden Datei eine Beschreibungsdatei erzeugt, die veröffentlicht wird. Jede Beschreibungsdatei enthält unter anderem eine eindeutige ID (Hashwert) der zu tauschenden Datei und eine Liste der Tracker. Tracker sind Server, die eine Liste der Peers pflegen, die die zu tauschenden Dateien ganz oder teilweise vorrätig haben. Im Kern benötigt ein Tracker nicht mehr als die Torrent-ID und die IP-Adressen der Peers, die Teile der gewünschten Datei bereitstellen. Der Tracker verteilt die Dateien nicht selbst. Außer dem Hash-Wert kennt der Tracker nichts von den zu tauschenden Dateien. Grundsätzlich können zwei verschiedene Dateien sogar den gleichen Hashwert haben, was allerdings recht unwahrscheinlich ist.
Der Peer, der nun eine bestimmte Datei herunterladen möchte, fragt die Liste der IP-Adressen bei einem Tracker ab und wendet sich dann an die anderen Peers die Datei herunter zu laden. Gleichzeitig trägt sich der Peer in die Liste beim Tracker ein und bietet den anderen Peers die bereits heruntergeladenen Teile der Datei an – er lädt sie quasi hoch. Jeder Peer ist also auch gleichzeitig Anbieter der Datei. Sowohl für das Herunterladen als auch das Hochladen braucht er entsprechende Lizenzrechte. Bei Software im Open Source oder Free Ware Bereich werden diese Rechte in der Regel durch die Anbieter gegeben, insbesondere wenn sie eigenen Tracker betreiben und die Beschreibungsdateien bereitstellen. Bei Musik und Filmen sieht die Sache in der Regel anders aus. Aber in die Abgründe des Urheberrechts will ich mich nicht begeben.
Die zu tauschenden Dateien werden in kleine Pakete geteilt und zwischen den Peers ausgetauscht. Dabei erfolgt der Austausch nicht unbedingt von vorne nach hinten, sondern beliebig, chaotisch. D.h. ein Peer kann bereits beliebige Teile der Datei weiter verteilen, ohne zum Beispiel den Anfang zu besitzen. Bei einem Video bedeute dies, ich kann es erst betrachten, wenn die ganze Datei heruntergeladen ist. Manche Viewer stellen auch Filme dar, die nur in Bruchstücken vorliegen.
Werden illegal Dateien angeboten, so hat kann der Urheber sich an die Betreiber der Tracker wenden und die Hashwerte mit der Liste der Peers zu einem bestimmten Hashwert löschen lassen, oder er kann versuchen, die Nutzer zu identifizieren, die sich an dem Netzwerk beteiligen und sie abmahnen und Schadensersatz verlangen.
Um die widerrechtliche Verteilung der Dateien zu beweisen, benötigt der Rechteinhaber nur ein spezielles Programm, dassdas die Liste der Peers bei den Trackern abfragt. Dies ist keine schwarze Kunst, dasdass kann und macht jeder Peer. Danach lädt er von den Peers die geteilte Datei runter und prüft, ob es die richtige Datei ist. Alles unter Zeugen und trotz der Möglichkeiten IP-Adressen zu fälschen durchaus plausibel beweisbar. Da er nur die IP-Adresse kennt, benötigt der Rechteinhaber eine Auskunft vom Provider über die Anschlussinhaber. Die besorgt er sich in Deutschland über ein Gericht.
Der Betreiber eines Peers liefert dem Rechteinhaber die Daten quasi freiwillig aber unbewusst aus.
So weit, so gut.
Streaming / Download
Beim Download fordert der Client die Datei anhand eines Uniform Resource Locator (URL) von einem Server ab. Dritte sind bei dieser Anfrage nicht beteiligt. Die Datei wird in der Regel vom Anfang bis zum Ende sequentiell übertragen. Es fließt ein beständiger Datenstrom vom Server zum Client, auf dem der Viewer das Video mit eintreffen der ersten Daten abspielt. Damit das Video bei schwankenden Bandbreiten ohne Ruckeln angezeigt werden kann, werden Teile gepuffert. Selbst bei einem Stop des Abspielen lädt der Viewer weitere Teile der Datei in den Puffer. Damit große Video Dateien nicht komplett übertragen werden müssen, wenn der Betrachter den Film vor oder zurück spult, kommuniziert der Viewer mit dem Server. Teile der Übertragung können dadurch übersprungen oder wiederholt werden. Ob ein Film als derart als „Stream“ betrachtet oder über Download Helfer (Z.B. DownlodHelper, ant.com, youtube-dl) vor der Betrachtung vollständig herunter geladen wird, ist durch den Server nicht feststellbar.
Während der Nutzer im Falle des kollaboratives Filesharing sich eine Torrent-Datei besorgen muss und diese bewusst zum Download im BitTorrent-Client starten muss, startet ein Video-Stream häufig bereits mit Aufruf der Web-Seite.
Beim Download / Streaming folgt der Nutzer in der Regel einem Link auf einer anderen Web-Seite und kann sich nicht sicher sein, wo er letztendlich landet. Über Weiter- oder Umleitungen landet er auf ganz anderen, unerwarteten Seiten oder gar Servern. Im Falle von YouTube oder RedTube wird der Film abgespielt, sobald die Seite geladen ist. Für eine derartigen Umleitung ließe sich auch ein harmlose Werbeeinblendung auf ansonsten seriösen Seiten wie google.com, heise.de, spiegel.de oder bild.de nutzen. Im Falle der RedTube Abmahnungen scheinen die Zugriffe auf die Videos über gekaufte Zugriffe von Traffic Holder gekommen zu sein.
Automatische Weiter- oder Umleitungen sind nicht zu vermeiden. Sind Server umgezogen, so ist es sinnvoll, die Anfragen automatisch an den neuen Server weiter zu leiten.
Wird auf einem Portal wie YouTube ein Film eingestellt, für dass den der Einsteller nicht die erforderlichen Rechte hat, liegt ein Verstoß gegen die Geschäftsbedingungen von YouTube vor. YouTube kann zwar vorbringen, getäuscht worden zu sein, und sich gegebenenfalls beim Einsteller schadlos halten. Der Rechteinhaber könnte die Löschung des Videos verlangen. Er könnte vielleicht die Herausgabe der IP-Adressen der Betrachter verlangen, wenn YouTube diese speichert, und gegen die Betrachter vorgehen.
Im Falle des Streaming hat der Nutzer nicht unbedingt die Möglichkeit sich von der Rechtmäßigkeit des Angebotes im Vorfeld zu überzeugen. Wenn er nicht bewusst nach illegalen Inhalten gesucht hat, kann der Nutzer frühesten nach Öffnen der Seite erkennen, dass der Inhalt nicht ordnungsgemäß lizenziert ist. Da der Stream in diesem Fall schon gestartet ist, ist die Rechtsverletzung bereits begangen. (Vielleicht muss das Bundeslandrecht hier an die Realitäten des Neuland angepasst werden, aber darüber sollen sich andere den Kopf zerbrechen.)
Fazit
Die Rechtsauffassung von The Archive AG und U+C würde surfen im Internet unmöglich machen. Sie könnten nicht sicher sein, dass wenn sie auf irgendeinen Link auf dieser Seite klicken im nächsten Moment einen Urheberrechtsverstoß begehen. Ja, allein das Betrachten dieser Seite könnte schon ein Verstoß gewesen sein, wenn ich diesen Artikel nicht selbst geschrieben, sondern von einem Dritten ohne entsprechende Erlaubnis kopiert hätte.
Neue Frage: Wie konnten die IP-Adressen ermittelt werden? Oder: Wie konnte es nicht geschehen?
Neuer Artikel.
[…] (Download) aus dem Web beschränken. Über Torrents habe ich bereits etwas in dem Artikel Filesharing oder Download […]
[…] ist es aber nicht. Wie soll man in eine Verbindung zwischen Opfer und Portal eindringen. Unter Filesharing oder Download habe ich den Unterschied […]